In einem jüngst veröffentlichten Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) zur Frage der vermeidbaren Herkunftstäuschung im Sinne des § 4 Nr. 9 lit. a UWG entschieden: Danach kann eine Produktpalette (z. B. Koffer) als Gesamtheit von Erzeugnissen mit Gemeinsamkeiten in der Zweckbestimmung und Formgestaltung über eine wettbewerbliche Eigenart verfügen.
Im konkreten Fall hatte die Beklagte, die mit Kosmetika handelt, eine Parfümeriekette mit Kosmetikkoffern im Rillen-Design beliefert. Diese Kosmetikkoffer waren mit verschiedenen Kosmetika befüllt. Die Klägerin, die Koffer herstellt und vertreibt und zu deren Sortiment seit 50 Jahren Koffer aus Aluminium mit einem bestimmten Rillen-Design gehören, hatte den Vertrieb des von der Beklagten angebotenen Koffers wegen eines Verstoßes gegen das Markengesetz und wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung als rechtswidrig angesehen.
Nach antragsgemäßer Verurteilung der Beklagten durch das Landgericht Köln (Az. 31 O 562/04) hatte das Oberlandesgericht Köln die Klage abgewiesen.
Der BGH hat die Sache nun zur erneuten Entscheidung an das OLG Köln zurückverwiesen und in den Urteilsgründen ausgeführt:
Im Hinblick auf eine Verletzung des Markengesetzes habe das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass in die Beurteilung, ob die Beklagte die angegriffene Aufmachung markenmäßig benutzt, die Kennzeichnungskraft der Klagemarke zu berücksichtigen ist. Der Kennzeichnungsgrad einer dreidimensionalen Marke habe Auswirkungen darauf, ob der Verkehr dieser Form einen Herkunftshinweis entnehme, wenn er ihr als Form einer Ware begegne.
Zu Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz hat der Senat zunächst festgestellt, dass diese vorliegend nicht durch die Vorschriften des Markenrechts ausgeschlossen sind. Die Klägerin begehre nämlich, soweit sie ihre Ansprüche auf die Grundsätze des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes stützt, keinen Schutz für eine Kennzeichnung, sondern für eine Produktpalette ihrer Koffer als konkrete Leistungsergebnisse. Die Klägerin habe vorgetragen, die Beklagte hätte dadurch unlauter gehandelt, dass sie die die wettbewerbliche Eigenart der Koffer der Klägerin begründenden Merkmale übernommen und dadurch eine vermeidbare Herkunftstäuschung hervorgerufen hätte. Der Senat hat im Hinblick auf die Koffer der Produktpalette der Klägerin das Rillendesign als wiederkehrendes charakteristisches Merkmal angesehen. Das Berufungsgericht habe aber nicht geprüft, ob diese Merkmale bei der Kofferserie der Klägerin vorhanden seien und eine wettbewerbliche Eigenart begründen könnten. Dies wird das Berufungsgericht nun zu prüfen haben.
Quelle:
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30. April 2008, Az. I ZR 123/05 – Rillenkoffer >>
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