Home News Europäischer Gerichtshof: Vergleichende Werbung zwischen Produkten mit und Produkten ohne Ursprungsbezeichnung in bestimmten Fällen zulässig

Europäischer Gerichtshof: Vergleichende Werbung zwischen Produkten mit und Produkten ohne Ursprungsbezeichnung in bestimmten Fällen zulässig

Zur Frage der irreführenden und vergleichenden Werbung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) unter Bezugnahme auf die Richtlinie 84/450/EWG in der Rechtssache C-381/05 mit Urteil vom 19.04.2007 Folgendes entschieden:

Zur Frage der irreführenden und vergleichenden Werbung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) unter Bezugnahme auf die Richtlinie 84/450/EWG in der Rechtssache C-381/05 mit Urteil vom 19.04.2007 Folgendes entschieden:

  • Vergleichende Werbung kann auch dann vorliegen, wenn in einer Werbeaussage nur auf eine Warengattung und nicht auf ein bestimmtes Unternehmen oder Produkt Bezug genommen wird.
  • Nicht jeder Vergleich, der sich für Waren ohne Ursprungsbezeichnung auf Waren mit Ursprungsbezeichnung bezieht, ist unzulässig.

Im Ergebnis heißt das: Ein Produkt, für das keine Ursprungsbezeichnung besteht, kann bei Einhaltung der allgemeinen Lauterkeitsregeln grundsätzlich mit Produkten mit Ursprungsbezeichnungen (z.B. Champagner) verglichen werden.

Der Fall im Detail:
Das belgische Unternehmen De Landtsheer SA produziert und vertreibt verschiedene Biersorten unter der Marke „Malheur“. Im Jahr 2001 führte sie auf dem Markt ein Bier mit der Bezeichnung „Malheur Brut Réserve“ ein, dessen Braumethode durch die Herstellungsweise von Schaumwein inspiriert war.

Dabei verwendete das Unternehmen u. a. die Angaben „BRUT RÉSERVE“, „La première bière BRUT au monde“ („Das erste Bier ‚Brut‘ der Welt“) und „Bière blonde à la méthode traditionnelle“ („Helles Bier, gebraut nach der traditionellen Methode“) und einen Hinweis auf die Winzer von Reims und Épernay. Mit dem Ausdruck „Champagnebier“ wollte De Landtsheer zum Ausdruck bringen, dass es sich um ein nach der „Méthode champenoise“ gebrautes Bier handele. De Landtsheer pries in der Werbung vor allem die Originalität des neuen Bieres „Malheur“ unter Bezugnahme auf die Eigenschaften von Schaumwein, insbesondere Champagner, an.

Am 8. Mai 2002 erhoben das Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne (CIVC) und die Veuve Clicquot Ponsardin SA vor dem Tribunal de commerce de Nivelles (Belgien) gegen De Landtsheer eine Klage auf Unterlassung der weiteren Benutzung dieser Angaben. Diese seien nicht nur irreführend, sondern auch unzulässige vergleichende Werbung.

Mit Urteil vom 26. Juli 2002 untersagte das Tribunal de commerce es De Landtsheer, die Angabe „Méthode traditionnelle“, die Ursprungsbezeichnung „Champagne“, die Herkunftsangabe „Reims-France“ und die Hinweise auf die Winzer von Reims und Épernay sowie auf die Herstellungsmethode von Champagner weiterhin zu benutzen. Hinsichtlich der Bezeichnungen „BRUT“, „RÉSERVE“, „BRUT RÉSERVE“ und „La première bière BRUT au monde“ wurde die Klage des CIVC und der Veuve Clicquot abgewiesen. De Landtsheer verzichtete daraufhin auf die weitere Benutzung der Ursprungsbezeichnung „Champagne“ in dem Wort „Champagnebier“, legte aber im Übrigen gegen das Urteil Berufung ein.

Der CIVC und Veuve Clicquot erhoben hinsichtlich der Bezeichnungen „BRUT“, „RÉSERVE“, „BRUT RÉSERVE“ und „La première bière BRUT au monde“ ihrerseits Berufung gegen das Urteil. In dem Berufungsverfahren legte die Cour d’appel de Bruxelles dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vor.

Das vorlegende Gericht wollte insbesondere wissen, ob die Richtlinie 84/450/EWG dahin auszulegen ist, dass vergleichende Werbung auch dann vorliegt, wenn in einer Werbeaussage nur auf eine Warengattung, nicht aber auf ein bestimmtes Unternehmen oder Produkt Bezug genommen wird. Der EuGH hat diese Frage bejaht: Eine solche Bezugnahme kann vergleichende Werbung sein, wenn ein Unternehmen oder die von ihm angebotenen Produkte als diejenigen erkennbar werden, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt. Dabei ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Werbung vergleichenden Charakter hat, ohne Bedeutung, wenn mehrere Mitbewerber des Werbenden oder die von ihnen angebotenen Waren oder Dienstleistungen als diejenigen erkennbar werden, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt.

Das vorlegende Gericht wollte weiterhin wissen, ob die Richtlinie ferner dahin auszulegen ist, dass jeder Vergleich von Waren ohne Ursprungsbezeichnung mit Waren mit Ursprungsbezeichnung unzulässig ist. Die Richtlinie enthält nämlich für vergleichende Werbung eine Zulässigkeitsvoraussetzung, wonach sich die Werbung für Produkte mit Ursprungsbezeichnung stets auf Produkte mit der gleichen Ursprungsbezeichnung beziehen muss.

Der Gerichtshof hat insoweit daran erinnert, dass nach ständiger Rechtsprechung die an vergleichende Werbung gestellten Anforderungen so günstig wie möglich für diese Werbung auszulegen sind. Er hat weiter darauf verwiesen, dass nach einer anderen Bestimmung der Richtlinie vergleichende Werbung ausdrücklich nur dann zulässig ist, wenn sie den Ruf einer Marke, eines Handelsnamens oder anderer Unterscheidungszeichen eines Mitbewerbers oder der Ursprungsbezeichnung von Konkurrenzerzeugnissen nicht in unlauterer Weise ausnutzt.

Die praktische Wirksamkeit dieser in der Richtlinie festgelegten Anforderung würde aber teilweise vereitelt, wenn von vornherein Produkte ohne Ursprungsbezeichnung niemals mit Produkten mit Ursprungsbezeichnung verglichen werden dürften.

Der EuGH ist daher zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht jeder Vergleich zwischen Waren ohne Ursprungsbezeichnung und Waren mit Ursprungsbezeichnung unzulässig ist.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.04.2007 in der Rechtssache C-381/05

Weiterführende Hinweise:

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-381/05 >>

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