Auch bei eBay-Auktionen steht Käufern ein Widerrufsrecht zu. Dies hat der Bundesgerichtshof heute in einem mit Spannung erwarteten Urteil entschieden. Der BGH hat wie schon in einer früheren Entscheidung, geurteilt, dass es sich bei den Auktionen von eBay nicht um eine Versteigerung im Sinne des BGB handelt, weswegen Verbrauchern gegenüber gewerblichen Verkäufern ein gesetzliches Widerrufsrecht zusteht.
Der Fall:
Der Kläger, der gewerblich mit Gold- und Silberschmuckstücken handelt, stellte auf der Internetseite der Firma eBay International AG ein „15,00 ct. Diamanten-Armband ab 1,- EUR“ zur Versteigerung ein. Der Beklagte, ein Verbraucher, gab innerhalb der Laufzeit der Auktion das höchste Gebot ab. Der Käufer verweigerte die Zahlung und Annahme des Schmuckstücks, weil das Armband nur eine dünne Goldauflage hatte und die Diamanten aus industrieller Fertigung stammten. Der Händler hatte auf die Beschaffenheit des Armbands auf einer anderen Website hingewiesen und klagte auf Zahlung, weil es bei Versteigerungen kein gesetzliches Widerrufsrecht gebe. Der Käufer vertrat die Auffassung, dass Auktionen im Internet keine echten Versteigerungen seien. Interessenten hätten nicht die Möglichkeit, angebotene Artikel etwa anzuschauen und die Seriosität des Angebots zu überprüfen. Außerdem erfolge auf das Gebot des Käufers kein Zuschlag, was aber nach § 156 BGB eine Versteigerung ausmache. Deshalb könne er sein ihm gesetzlich zustehenden Widerrufsrecht nutzen. Die auf Zahlung des Kaufpreises gerichtete Klage des Händlers war in den Vorinstanzen erfolglos.
Das Problem:
Bei Verträgen, die über Fernkommunikationsmittel wie Internet oder Telefon geschlossen werden, steht Verbrauchern grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu (§ 312d Abs.1 Satz 1 BGB). Ausgeschlossen von diesem Widerrufsrecht sind aber nach § 312d Abs. 4 Nr.5 BGB Verträge, die in Form einer Versteigerung geschlossen werden. Sieht man nun Verträge, die über Online-Auktionsportale geschlossen werden, als Versteigerungen i.S.v. § 156 BGB an, so stünde den Verbrauchern kein Widerrufsrecht zu. Bisher war die Mehrzahl der Gericht jedoch der Meinung, dass es sich bei Internet-Auktionen nicht um echte Versteigerungen handelt, sondern je nach der konkreten Ausgestaltung um einen regulären Kauf- oder Dienstleistungsvertrag bzw. um Verträge, die gegen Höchstgebot geschlossen werden.
Anmerkung: Für die Sofortkauf-Angebote gewerblicher Verkäufer bei eBay ist es völlig unumstritten, dass ein mindestens 14-tägiges Widerrufsrecht gilt und dass der Käufer hierrüber belehrt werden muss.
Die Entscheidung des BGH:
Gemäß § 156 Satz 1 BGB kommt bei einer Versteigerung der Vertrag erst durch den Zuschlag des Versteigerers zustande. An einem solchen Zuschlag fehlte es bei der vorliegenden Internet-Auktion von eBay. Der Vertrag kam hier durch ein verbindliches Verkaufsangebot des Klägers und die Annahme dieses Angebots durch das Höchstgebot des Beklagten – also nicht durch einen Zuschlag nach § 156 BGB – zustande. Solche Formen des Vertragsschlusses, die von § 156 BGB abweichen, werden, wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, nicht von dem Ausschluß des Widerrufsrechts nach § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB erfaßt. Dafür sprächen zunächst die ausdrückliche Bezugnahme im Gesetzestext auf § 156 BGB und der Charakter der Vorschrift als einer grundsätzlich eng auszulegenden – Ausnahmebestimmung. Darüberhinaus fordere aber auch der Zweck des im Interesse des Verbraucherschutzes geschaffenen Widerrufsrechts eine enge Auslegung der Ausschlussregelung, da der Verbraucher, der einen Gegenstand bei einer Internet-Auktion von einem gewerblichen Anbieter erwerbe, den gleichen Risiken ausgesetzt und in gleicher Weise schutzbedürftig sei wie bei anderen Vertriebsformen des Fernabsatzes.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 03.11.2004
Weiterführende Links zu diesem Thema
BGH-Entscheidung vom 7. November 2001- VIII ZR 13/01 in der der BGH bereits entschieden hat: „Ein Vertragsschluß nach § 156 BGB scheidet im Streitfall aus, weil auf das Gebot des Klägers kein Zuschlag erfolgt ist. Die Mitteilung von ricardo.de an den Kläger, er habe den „Zuschlag“ erhalten, enthielt keine entsprechende Willenserklärung von ricardo.de und bezog sich auch nicht auf eine solche.“
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