Die Aushändigung von Gutscheinen oder die Gewährung sog. Prämienmeilen kann einen Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz darstellen. Wer gewerbsmäßig Bücher an Letztabnehmer verkauft und deshalb den gebundenen Verkaufspreis einhalten muss, darf beim Verkauf neuer Bücher keine Rabatte einräumen. Ein unzulässiger Preisnachlass wird nicht nur gewährt, wenn das Buch zu einem niedrigeren als dem festgesetzten Preis verkauft wird. Dies hat das Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in 2 Fällen entschieden.
In beiden Fällen betreiben die Beklagten eine Internet-Versandbuchhandlung.
Fall 1 – Warengutschein:
In diesem Fall erhielten Neukunden von amazon.de einen „Fünf-Euro-Startgutschein“, den sie bei Warenbestellungen, u.a. bei der Bestellung preisgebundener Bücher einlösen konnten. Das Oberlandesgericht Frankfurt sieht darin einen unzulässigen Preisnachlass. Es mache keinen Unterschied, ob der Buchhändler das Buch zu einem unterhalb des gebundenen Preises liegenden Betrag verkauft oder von dem gebundenen Verkaufspreis den Betrag in Abzug bringt, der sich aus einem zuvor gewährten Gutschein ergibt. In beiden Fällen werde für die Überlassung des Buches ein geringeres als das festgesetzte (gebundene) Entgelt verlangt.
Mit einem Geschenkgutschein lasse sich dieser Vorgang nicht vergleichen, weil der Erwerber eines Geschenkgutscheines den darin ausgewiesenen Betrag an den Buchhändler entrichten müsse. Auch dass die Kunden den Gutschein beim Kauf anderer, nicht preisgebundener Waren aus dem Sortiment einlösen konnten, rechtfertigt nach Auffassung des Gerichts keine andere Beurteilung (Az: 11 U 15/04).
Fall 2 – Prämienmeile (Miles & More):
Ähnlich liegt der Fall nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt, wenn ein Buchhändler beim Kauf eines preisgebundenen Buches Prämienmeilen (Miles & More) gutschreibt und diese, von ihm gutgeschriebenen Meilen, beim Kauf eines preisgebundenen Buches wieder einlöst.
In dem entschiedenen Fall wurde Kunden beim Kauf verlagsneuer Bücher von buch.de pro Euro Kaufpreis eine Meile nach dem System „Miles & More“ gutgeschrieben. Diese Meilen konnten bei der Bestellung weiterer Bücher verrechnet werden. Auch wenn eine Barauszahlung der Meilenprämien nicht erfolgte, lässt sich dieser Fall nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht mit einem „Geschenkgutschein“ von dritter Seite vergleichen. Bei dem Miles & More System erhalte der Kunde im wirtschaftlichen Ergebnis bei der Einlösung von Meilen das Buch zu einem geringeren als dem gebundenen Ladenpreis. Dies wolle das Buchpreisbindungsgesetz verhindern. Auch insoweit hat das Oberlandesgericht Frankfurt deshalb einen Verstoß gegen das Preisbindungsgesetz angenommen (Az: 11 U (Kart) 2/04).
In beiden Prozessen ließ das OLG als zweite Instanz keine Revision zu.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 1. Kartellsenat – Urteile vom 22.06.2004, Aktenzeichen: 11 U (Kart) 2/04 und 11 U (Kart) 15/04
Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20.07.2004
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