Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Werbung im Internet irreführende Angaben enthält, ist wie auch sonst auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers abzustellen, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Die besonderen Umstände der Werbung im Internet wie insbesondere der Umstand, dass der interessierte Internet-Nutzer die benötigten Informationen selbst nachfragen muss, sind bei der Bestimmung des Grades der Aufmerksamkeit zu berücksichtigen.
In dem Verfahren ging es um Internet-Werbung für Druckerkartuschen für verschiedene Markendrucker auf den Internetseiten von „www.toner-online.de“. Von einer Einstiegsseite aus wurde der Nutzer über Hyperlinks, welche in der Bezeichnung die Marken von Druckerherstellern enthielten (z. B. „Epson Tinte“), auf teilweise originale, teilweise nur kompatible Druckerkartuschen geleitet. Die unterschiedlichen Kartuschenarten waren auf einer separaten Informationsseite („über toner-online“) genauer beschrieben und auf den Produktseiten nur mit „kompatibel“, „original“, „Mehrweg Tonerkartusche“ oder „Mehrweg Tintenpatrone“ gekennzeichnet. Das OLG Düsseldorf hatte auf die Berufung hin die Unterlassungsklage abgewiesen. Es begründete dies mit dem Gesamtbild der Werbung, d. h. dem gesamten Internet-Auftritt, innerhalb dessen der aufklärenden Informationsseite derselbe Stellenwert eingeräumt werde wie der Linkseite. Aufgrund der aktiven Nutzerrolle sei nicht zulässig, eine klarstellende Wirkung allein von einer Seite zu fordern und die übrigen Seiten des Gesamtauftritts außer Acht zu lassen.
Der Bundesgerichtshof folgte dieser Ansicht nicht. Auch im Internet sei vom Leitbild des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers abzustellen, auch wenn es sich beim Internet um ein Medium handele, das ein aktives Tätigwerden des Nutzers erfordere. Bei der Frage, ob eine Werbeaussage isoliert betrachtet werden muss, sei daher – wie beispielsweise bei einem Katalog – auf die Verbindung und den Bezug zu anderen werblichen Aussagen innerhalb des Auftritts abzustellen. Zur Beurteilung einer derartigen Verbindung (die beispielsweise durch aufklärende Hinweise oder Hyperlinks hergestellt werden könne), verwies der Bundesgerichtshof die Sache zurück an das Oberlandesgericht.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.12.2004, Az. I ZR 222/02
Quelle: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.12.2004
Weiterführende Links zu diesem Thema
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Rückblick: Wettbewerbsrecht für Immobilienmakler – Wettbewerbszentrale mit Fortbildungsveranstaltung beim IVD vertreten
-
OLG Frankfurt a. M. untersagt „Anti-Kater“-Werbung für Mineralstofftabletten
-
Rückblick: Konferenz „Wettbewerb, Nachhaltigkeit & Recht“
-
Rückblick: „Jura in der Praxis“ der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
-
Rückblick: Internationaler Kongress der Liga in London