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Europäischer Gerichtshof: Handwerksrolle verstößt gegen die Dienstleistungsfreiheit

Handwerker aus anderen Mitgliedstaaten müssen sich für die Ausübung ihres Handwerks in Deutschland nicht in die Handwerksrolle eintragen lassen, wenn sie die in der Richtlinie über die Anerkennung der beruflichen Qualifikationen vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen.

Handwerker aus anderen Mitgliedstaaten müssen sich für die Ausübung ihres Handwerks in Deutschland nicht in die Handwerksrolle eintragen lassen, wenn sie die in der Richtlinie über die Anerkennung der beruflichen Qualifikationen vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen.

Die in Deutschland bestehende Verpflichtung sich in die Handwerksrolle einzutragen, um einen Handwerksberuf ausüben zu können steht dem Gemeinschaftsrecht entgegen, wenn die in der Richtlinie über die Anerkennung der beruflichen Qualifikationen vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt und die Erbringung von Dienstleistungen, erschwert, verzögert oder verteuert wird.

Hierzu führt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil aus:
Die Verpflichtung, sich in die Handwerksrolle eintragen zu lassen, stellt eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar, die nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, etwa durch das Ziel, die Qualität der durchgeführten handwerklichen Arbeiten zu sichern, gerechtfertigt ist. Folglich steht das Gemeinschaftsrecht der Verpflichtung eines Wirtschaftsteilnehmers, sich in die Handwerksrolle eintragen zu lassen, entgegen, die die Erbringung von Dienstleistungen im Aufnahmemitgliedstaat verzögert, erschwert oder verteuert, wenn die in der anwendbaren Richtlinie über die Anerkennung der beruflichen Qualifikationen vorgesehenen Voraussetzungen für die Ausübung dieser Tätigkeit in diesem Mitgliedstaat erfüllt sind.

Allein die Tatsache, dass ein Wirtschaftsteilnehmer Dienstleistungen mehr oder weniger häufig oder regelmäßig über einen längeren Zeitraum hinweg in einem anderen Mitgliedstaat erbringt, ohne dass er dort über eine Infrastruktur verfügt, die es ihm erlauben würde, in stabiler und kontinuierlicher Weise einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, reicht nicht aus, um ihn als in diesem Mitgliedstaat niedergelassen anzusehen.

Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der deutsche Staatsangehörige Bruno Schnitzer beauftragte im Jahr 1994 ein portugiesisches Unternehmen damit, in der Zeit von November 1994 bis November 1997 Verputzarbeiten in Bayern auszuführen.

Nach der deutschen Handwerksordnung ist der Betrieb eines Handwerks nur den in der Handwerksrolle eingetragenen Personen und Gesellschaften gestattet.Die Stadt Augsburg verhängte im Jahr 2000 gegen Bruno Schnitzer ein Bußgeld wegen Zuwiderhandlung gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, weil das von ihm beauftragte portugiesische Unternehmen nicht in die Handwerksrolle eingetragen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid legte Bruno Schnitzer Einspruch ein, über den das Amtsgericht Augsburg zu entscheiden hat. Dieses Gericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob die deutschen Rechtsvorschriften gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs und die Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung der im Herkunftsland erworbenen Berufserfahrung verstoßen. Das Amtsgericht Augsburg hält es für möglich, dass der Gerichtshof ein solches Erfordernis der Eintragung in ein Register auch in dem Fall als ungerechtfertigt ansieht, in dem der Dienstleistende seine Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat wiederholt oder mehr oder weniger regelmäßig ausübt.

Der Gerichtshof stellt fest, dass das portugiesische Unternehmen Leistungen erbringt, für die die Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr gelten, sofern das betreffende Unternehmen nicht als in Deutschland niedergelassen anzusehen ist.

Quelle: Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs vom 12.12.2003 zu dem Urteil C 215/01

Weiterführende Links zu diesem Thema

Urteil und Schlussanträge in der Sache C 215/01

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