Der Bundesgerichtshofs hat auf der Grundlage des neuen Rechtszustandes ausgesprochen, dass der von dem Verleger festgesetzte Endpreis der beim Bücherkauf zu entrichtende Barzahlungspreis ist und dass die Verleger und die Buchhändler gegen die Buchpreisbindung verstoßen, wenn sie davon abweichend einen Barzahlungsrabatt gewähren. Das Land Berlin, das nicht zu den Normadressaten dieses Verbots gehört, kann nach der Entscheidung entsprechend den deliktsrechtlichen Teilnahmeregeln als Störer auf Unterlassung nur dann in Anspruch genommen werden, wenn es einen Buchhändler oder Verleger vorsätzlich zur Einräumung von Preisnachlässen oder Barzahlungsrabatten zu bewegen sucht.
Hintergrund:
Das beklagte Land Berlin beabsichtigte, im Jahr 1999 die im Rahmen der Lernmittelfreiheit den Schülern zu überlassenden Schulbücher zentral zu beschaffen. Es fragte deswegen bei verschiedenen Buchhandlungen an, welche Nachlässe bei bestimmten Auftragswerten eingeräumt werden könnten, und wies zugleich darauf hin, dass die Beschaffungsstellen des Landes – auch bei dem Erwerb von Schulbüchern – gehalten seien, 2 v.H. Skonto des Rechnungsbetrages bei einem Rechnungsausgleich binnen 14 Tagen abzuziehen. Die Klägerinnen – eine Buchhändlerin und zwei Schulbuchverlage – haben das Vorgehen des Landes Berlin als mit den Regeln der Buchpreisbindung für nicht vereinbar gehalten, weil diese – durch Sammel- bzw. Einzelrevers flächendeckend im deutschen Buchhandel eingeführten – Regeln die Gewährung von Barzahlungsnachlässen verböten. Sie haben von dem beklagten Land Beachtung dieses Verbots verlangt und dieses Ziel in erster Linie auf dem Wege der Unterlassungs-, hilfsweise auf dem der Feststellungsklage verfolgt.
Das Landgericht hat dem Hauptantrag entsprochen, das Berufungsgericht (Kammergericht in Berlin) hat dagegen lediglich die hilfsweise angetragene Feststellung getroffen und die Revision des beklagten Landes zugelassen. Dieses erstrebt mit dem von ihm eingelegten Rechtsmittel die vollständige Abweisung der Klage. Nach Erlass des Berufungsurteils ist das in Deutschland seit vielen Jahren bestehende System der auf vertraglicher Grundlage eingeführten Buchpreisbindung durch das am 1. Oktober 2002 in Kraft getretene Buchpreisbindungsgesetz geändert worden. Gestützt auf diese neuen Regeln haben sich die Klägerinnen dem Rechtsmittel des Landes Berlin mit dem Ziel angeschlossen, die Verurteilung des Landes zur Unterlassung zu erreichen.
Auf der Grundlage des früheren Rechtszustandes hatte das Kammergericht in Berlin im Rahmen der Prüfung, ob das Land durch sein Verhalten die Buchhändler und Verlage vorsätzlich sittenwidrig schädige (§ 826 BGB), angenommen, es habe mit Rücksicht auf Äußerungen u.a. der Landeskartellbehörde Berlin die Einräumung eines Barzahlungsnachlasses nicht schlechthin für unvertretbar halten müssen. Mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderung hat das Kammergericht in dem nach der Zurückverweisung wieder eröffneten Berufungsverfahren diese Frage näher zu prüfen.
Urteil vom 24. Juni 2003 – KZR 32/02
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 24. Juni 2003
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Rückblick: Wettbewerbsrecht für Immobilienmakler – Wettbewerbszentrale mit Fortbildungsveranstaltung beim IVD vertreten
-
OLG Frankfurt a. M. untersagt „Anti-Kater“-Werbung für Mineralstofftabletten
-
Rückblick: Konferenz „Wettbewerb, Nachhaltigkeit & Recht“
-
Rückblick: „Jura in der Praxis“ der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
-
Rückblick: Internationaler Kongress der Liga in London