Home News Bundesgerichtshof: Poster vom Wiener Hundertwasser-Haus dürfen nur mit Zustimmung des Malers vertrieben werden

Bundesgerichtshof: Poster vom Wiener Hundertwasser-Haus dürfen nur mit Zustimmung des Malers vertrieben werden

Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das deutsche Großhandelsunternehmen Metro für den Vertrieb eines Posters mit der Aufnahme des Wiener Hundertwasser-Hauses die Zustimmung des vor drei Jahren verstorbenen Malers oder der als seine Erbin eingesetzten Hundertwasser-Stiftung benötigt.

Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das deutsche Großhandelsunternehmen Metro für den Vertrieb eines Posters mit der Aufnahme des Wiener Hundertwasser-Hauses die Zustimmung des vor drei Jahren verstorbenen Malers oder der als seine Erbin eingesetzten Hundertwasser-Stiftung benötigt.

Das Hundertwasser-Haus ist ein in den achtziger Jahren erbautes Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke Löwen-/Kegelgasse im 3. Wiener Bezirk. An der Planung und Ausführung des Hauses, das durch ungewöhnliche, verspielte Gestaltungsformen auffällt und inzwischen eine Wiener Sehenswürdigkeit darstellt, war der Maler Friedensreich Hundertwasser maßgeblich beteiligt. Eine von Hundertwasser bearbeitete Fotografie, die die beiden über Eck liegenden Frontseiten des Hauses zeigt, wird seitdem im Namen von Hundertwasser vertrieben.

Anlass für den vorliegenden Rechtsstreit ist ein gerahmter Druck, der das Hundertwasser-Haus aus der gleichen Perspektive wie die von Hundertwasser vertriebene Postkarte zeigt. Dieser Druck wurde von Metro zum Preis von 199 DM als „Kunstdruck im Unikatrahmen“ verkauft. Um das Haus aus der (erhöhten) Perspektive aufnehmen zu können, hatte sich der Fotograf Zugang zu einer im gegenüberliegenden Haus befindlichen Privatwohnung verschafft.

Hundertwasser beanstandete dies als Verletzung seines Urheberrechts am Bauwerk und nahm Metro auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch. Metro berief sich demgegenüber auf eine Bestimmung des Urheberrechtsgesetzes (§ 59), nach der Aufnahmen von „Werken, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden“, auch ohne Zustimmung des Urhebers hergestellt und vertrieben werden dürfen. Mit dieser so genannten Panoramafreiheit – einer Ausnahme vom ausschließlichen Verwertungsrecht des Urhebers – erlaubt es das Gesetz, beispielsweise Postkarten oder Bildbände mit Straßenansichten zu vertreiben ohne Rücksicht auf urheberrechtlich geschützte Werke (wie Gebäude oder Denkmäler), die möglicherweise auf diesen Ansichten zu sehen sind. Das Landgericht München I hatte der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht München hatte sie abgewiesen.

Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof aufgehoben. Anders als die Vorinstanz hat der I. Zivilsenat in der Vervielfältigung und Verbreitung des Posters einen Eingriff in Hundertwassers Urheberrecht gesehen. Auf die Bestimmung über die Panoramafreiheit könne Metro sich nicht berufen. Denn diese das Urheberrecht an dem Bauwerk beschränkende Vorschrift solle es der Allgemeinheit ermöglichen, das, was die Passanten von der Straße aus mit eigenen Augen sehen könnten, als Gemälde, Zeichnung, Fotografie oder im Film zu betrachten. Von diesem Zweck der gesetzlichen Regelung sei es nicht mehr gedeckt, wenn der Blick von einem für das allgemeine Publikum unzugänglichen Ort aus – etwa mit den Mitteln der Fotografie – fixiert werden soll. Die enge Auslegung der Schrankenbestimmung sei geboten, weil der Urheber möglichst umfassend an der wirtschaftlichen Nutzung seines Werkes zu beteiligen sei. Andere Schrankenbestimmungen bleiben jedoch unberührt: So ist es zulässig, ein urheberrechtlich geschütztes Bauwerk zu privaten Zwecken zu fotografieren. Im Einzelfall kann eine Wiedergabe der Aufnahme eines Bauwerks auch durch das Zitatrecht gedeckt sein.
Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dies war hinsichtlich des Auskunfts- und des Schadensersatzanspruchs schon deswegen nötig, weil noch zu klären ist, ob Hundertwasser alleiniger Urheber des Bauwerks oder zusammen mit dem damaligen Architekten nur Miturheber ist. Aber auch gegen den Unterlassungsantrag hatte Metro weitere Einwände erhoben, zu denen das Oberlandesgericht noch keine Feststellungen zu treffen brauchte. Dies muss nun nachgeholt werden.
Urteil vom 5. Juni 2003 – I ZR 192/00

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 6. Juni 2003

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