Home News Bundesjustizministerium: Kabinett verabschiedet modernes Wettbewerbsrecht – 07.05.2003

Bundesjustizministerium: Kabinett verabschiedet modernes Wettbewerbsrecht – 07.05.2003

Die Bundesregierung hat am 7. Mai 2003 den Entwurf einer Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beschlossen. Das Gesetz liberalisiert das derzeit geltende Lauterkeitsrecht und setzt die in der vergangenen Legislaturperiode begonnene Modernisierung der wirtschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen fort.

Die Bundesregierung hat am 7. Mai 2003 den Entwurf einer Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beschlossen. Das Gesetz liberalisiert das derzeit geltende Lauterkeitsrecht und setzt die in der vergangenen Legislaturperiode begonnene Modernisierung der wirtschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen fort.

„Nach der Abschaffung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung ist das neue UWG ein weiterer Schritt hin zu mehr Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“, betonte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. „Diese Liberalisierung unterstützt die verbraucherfreundliche Politik der Bundesregierung, die sich am Leitbild des mündigen Verbrauchers orientiert.“

Die Novelle verstärkt den Schutz der Verbraucherinnen und der Verbraucher vor unlauteren Wettbewerbshandlungen. Das Gesetz schafft einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Wirtschaft und denen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Unternehmen erhalten einen größeren Handlungsspielraum im Wettbewerb und können sich zukünftig besser am Markt behaupten. Der Gesetzentwurf hat folgende Schwerpunkte:

Der Verbraucher wird als Schutzobjekt erstmals ausdrücklich im Gesetz erwähnt. Dadurch wird die Rechtsprechung zum geltenden UWG aufgenommen und gleichzeitig eine Forderung der Verbraucherverbände erfüllt.

Beispiele für Verbraucherinteressen im Wettbewerbsrecht: Belästigung der Verbraucher durch unerbetene Telefax- bzw. SMS- oder E-Mail-Werbung. Hinweis: Das so genannte „Spamming“ ist jetzt auch nach Art. 13 der neuen Datenschutzrichtlinie über elektronische Kommunikation (Richtlinie 2002/58/EG vom 12. Juli 2002) unzulässig. Diese Richtlinienbestimmung wird im neuen UWG im Rahmen der Regelung der belästigenden Werbung (§ 7) umgesetzt.

Die Generalklausel als Kernstück des geltenden UWG (§ 1) bleibt als § 3 („Verbot unlauteren Wettbewerbs“) erhalten. Sie wird durch einen nicht abschließenden Katalog von Beispielsfällen (§ 4) ergänzt, der sowohl durch die Rechtsprechung seit langem gefestigte Fallgruppen aufnimmt als auch aktuelle Probleme aufgreift. Die gewählte Konstruktion führt dazu, dass das UWG transparenter wird, ohne dass gleichzeitig die Möglichkeit, neu auftretende Problemfälle im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung zu lösen, verbaut wird.

Auswahl von Beispielsfällen, die ausdrücklich verboten werden: Schleichwerbung, Ausnützung der Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen, Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit durch die Ausübung von Druck, Koppelung von Gewinnspielen mit dem Erwerb einer Ware, Behinderung von Marktteilnehmern

Die Reglementierung der Sonderveranstaltungen entfällt. Bestimmungen über Schlussverkäufe, Jubiläumsverkäufe (bisher § 7 UWG) und Räumungsverkäufe (bisher § 8 UWG) fallen ganz weg.

Beispiel: Zu Irritationen in der Öffentlichkeit hat Anlass gegeben, dass auch ohne das Rabattgesetz eine besondere Form der Rabattgewährung, nämlich befristete Rabattgewährung auf den gesamten Warenbestand, mit dem Recht der Sonderveranstaltungen (§ 7 UWG) und Räumungsverkäufe (§ 8 UWG) in Konflikt geraten ist. Eine Zuwiderhandlung der Textilkette C & A gegen eine Anfang 2002 erlassene gerichtliche Unterlassungsverfügung hatte die Verhängung eines Ordnungsgeldes zur Folge. Solche Aktionen wären nach dem neuen Recht zulässig.

Bereits heute werden vor und nach den offiziellen Schlussverkaufszeiten Teile des Warenbestandes reduziert angeboten. Dabei ist es für Verbraucher oft ärgerlich und unverständlich, dass zunächst nur eine Preisreduzierung von „Einzelstücken“ erfolgt oder dass Sommerware erst nach Beginn der Sommerferien in größerem Umfang reduziert wird. Künftig können die Händler selbst entscheiden, ob und wann sie Reduzierungen über das ganze Sortiment hinweg vornehmen.

Die Werbung mit Preisnachlässen, die in Wirklichkeit nicht gewährt werden, wird ausdrücklich verboten. Wer als Ausgangspreis einen „Mondpreis“ angibt, der dann angeblich sensationell gesenkt wird, verstößt gegen das Gebot, das bei Werbungen mit Preissenkungen der angegebene Ausgangspreis eine angemessene Zeit lang gefordert worden sein muss. Ebenso darf nicht mit besonderes günstigen Angeboten geworben werden, wenn keine ausreichende Verfügbarkeit der beworbenen Waren sichergestellt ist.

Beispiel: Mit dem Slogan „Vorher 100 EUR, jetzt nur noch die Hälfte“ darf nur werben, wer vorher auch für diesen Artikel 100 EUR verlangt hat. Die Angabe „Solange der Vorrat reicht“ ist nicht ausreichend, wenn nicht auch eine angemessene Menge des beworbenen Artikels zur Verfügung steht.

Unter bestimmten engen Voraussetzungen wird den Verbänden ein Gewinnabschöpfungsanspruch zugestanden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich vorsätzliche Unlauterkeit, wenn hierdurch auf Kosten einer Vielzahl von Abnehmern ein Gewinn erzielt wird, nicht lohnt. Der abgeschöpfte Gewinn fließt dem Bundeshaushalt nach Abzug der Rechtsverfolgungskosten zu.

Beispiel: In einem an eine Vielzahl von Verbrauchern gerichteten Werbeschreiben wird mit in Wahrheit nicht bestehenden Gewinnmöglichkeiten geworben, wobei zur Erlangung weiterer Informationen eine 0190er Nummer angerufen werden muss. Der Schaden bei den einzelnen Anrufern ist verhältnismäßig gering, so dass es sich nicht lohnt, gegen den mühsam zu ermittelnden Absender rechtlich vorzugehen. Der Versender der unlauteren Werbung hat aber durch Rückläufe über gebührenpflichtige 0190-Rufnummern einen Gewinn aus seiner Werbung gezogen. Diesen würde er nach geltendem Recht behalten, auch wenn ihm solche Werbung für die Zukunft ausdrücklich untersagt würde. Nach neuem Recht muss er den Gewinn herausgeben, so dass ein Anreiz für die Durchführung solcher wettbewerbswidriger Aktionen entfällt.

Ordnungsrechtliche Tatbestände, die ihre praktische Bedeutung verloren haben, werden aufgehoben (z.B. Herstellerwerbung und Kaufscheinhandel – §§ 6a und 6b UWG)

Erläuterung: Bislang ist es grundsätzlich verboten, gegenüber Endverbrauchern damit zu werben, man verkaufe „direkt vom Hersteller“. Damalige Begründung der Vorschrift: Befürchtung, dass eine Irreführung des Verbrauchers über die Preiswürdigkeit des Angebots auftritt. Die Vorschrift hat ihre Bedeutung in der Praxis verloren, weil die mündigen Verbraucher heutzutage einschätzen können, ob ein Angebot preiswürdig ist oder nicht.

Hintergrund der UWG-Reform

Im Juli 2001 wurden das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung aufgehoben. Die Aufhebung entspricht der Zielsetzung einer verbraucherfreundlichen Politik der Bundesregierung, die sich am Leitbild des mündigen Verbrauchers orientiert, der selbst beurteilen kann, welche Geschäfte sich für ihn lohnen und welche Rabatte für ihn oder sie attraktiv sind. Die Liberalisierung des Werberechts war mit diesen Maßnahmen allerdings nicht abgeschlossen. Nach wie vor setzt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Grenzen, die dem Verbraucher mehr schaden als nützen.

Die Bundesministerin der Justiz hatte deshalb eine Arbeitsgruppe „Unlauterer Wettbewerb“ eingesetzt, die seit Februar 2001 neunmal zusammengetreten ist und anhand mehrerer Gutachten und Formulierungsvorschläge den Reformbedarf im UWG erschöpfend diskutiert hat. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sind in den Referentenentwurf des BMJ eingeflossen, der nach der Beteiligung der interessierten Kreise als Regierungsentwurf vom Kabinett beschlossen und zügig im Bundestag beraten werden soll.

Die Bundesregierung setzt sich auch auf EU-Ebene – zugunsten der Verbraucher wie der Unternehmen und der Allgemeinheit – für Fairness-Regeln ein und wird dieses politische Ziel mit konkreten Vorschlägen auf Grundlage des neuen UWG weiterverfolgen. Die Reform des deutschen UWG und die Harmonisierung des europäischen Lauterkeitsrechts sind komplementär. Es gilt, sowohl das eigene Haus durch einen Vorschlag für ein neues UWG in Ordnung zu bringen, als auch in Brüssel die konzeptionellen Vorstellungen der Bundesregierung für eine Harmonisierung des europäischen Lauterkeitsrechts zur Wirkung zu bringen.

Text des Gesetzesentwurfs

Quelle: Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom 07.05.2003

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