Auch wenn sie originalverpackt und noch ungebraucht sind, dürfen Kugellager, die schon über 5 Jahre gelagert werden, nicht als „neu“ beworben werden. Eine entsprechende Werbung hat das Saarländische Oberlandesgericht auf Antrag der Wettbewerbszentrale einem Anbieter von Kfz-Ersatzteilen mit Urteil vom 02.04.2014 rechtskräftig untersagt (Az. 1 U 11/13).
Der beklagte Kfz-Teile-Händler hatte im Internet Radlager für bestimmte Pkw angeboten, und diese mit „Artikelzustand: Neu“ bezeichnet. Außerdem war die Verpackung abgebildet, die aus der Zeit vor 1990 stammte, jedoch kein Produktions- oder Mindesthaltbarkeitsdatum aufwies. Die Wettbewerbszentrale hatte hierzu Beschwerden aus der Industrie erhalten und diese Werbung als irreführend beanstandet. Hintergrund dieser Beschwerden ist, dass die Hersteller der Produkthaftung unterliegen, gleichzeitig aber keinen Einfluss auf eine langjährige Lagerung durch die Wiederverkäufer haben.
Die Auffassung der Wettbewerbszentrale wurde sowohl in erster Instanz (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2012, Az. 7 O 127/12) als auch nunmehr durch das OLG Saarbrücken bestätigt:
Da bei einer derart langen Lagerdauer eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, stelle das Alter und die Lagerungsdauer eine Eigenschaft dar, welcher der Käufer eine erhebliche Bedeutung beimesse. Werde dennoch bei nahezu 20 Jahre alten Kugellagern mit dem Begriff „neu“ geworben, sei dies irreführend, da dem Käufer suggeriert werde, er könne das technisch sensible Ersatzteil unbesehen verwenden. Den Einfluss der Lagerungsdauer auf die Gebrauchstauglichkeit der Produkte verdeutlichten schon die Lagerempfehlungen der Hersteller, die zum Teil beim Überschreiten einer Lagerzeit von 5 Jahren eine Überprüfung auf Konservierungszustand und Korrosion empfehlen, weil die Einhaltung gewisser Lagerbedingungen (Luftfeuchtigkeit, Temperaturschwankungen) erforderlich sei. Dem Käufer müsse also zumindest ein Hinweis auf die lange Lagerdauer gegeben werden.
„Mit dieser Entscheidung stärkt das Gericht nicht nur die Position der Hersteller von Industrieprodukten, weil mit dem Vertrieb solcher als ‚neu’ gekennzeichneten Produkte das Risiko der Hersteller aus produkthaftungsrechtlicher Sicht steigt“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Andreas Ottofülling von der Wettbewerbszentrale die Entscheidung. „Vielmehr hat die Förderung fairen Wettbewerbs in solchen Fällen zudem sicherheitsrelevante Aspekte für Käufer, Nutzer und sonstige Verkehrsbeteiligte“, so Ottofülling weiter. Denn wenn ein Jahrzehnte altes Kugellager in einem Fahrzeug oder anderweitig verbaut werde und alsdann blockiere, könne dies zu Unglücksfällen führen, bei denen Menschen zu Schaden kommen könnten.
Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale ist die größte und einflussreichste Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb. Als branchenübergreifende und unabhängige Institution der deutschen Wirtschaft unterstützt sie den Gesetzgeber als neutraler Ratgeber bei der Gestaltung des Rechtsrahmens für den Wettbewerb, bietet umfassende Informationsdienstleistungen rund um das Wettbewerbsrecht, berät ihre Mitglieder in allen rechtlichen Fragen des Wettbewerbs und setzt als Hüter des Wettbewerbs die Spielregeln im Markt – notfalls per Gericht – durch. Getragen wird die gemeinnützige Organisation von mehr als 1.200 Unternehmen und über 800 Kammern und Verbänden der Wirtschaft.
Weitere Informationen:
Herr RA Dr. Andreas Ottofülling
Wettbewerbszentrale
Büro München
Karlstraße 35
80333 München
Tel.: 089-592219
E-Mail: muenchen@wettbewerbszentrale.de
(M 1 0229/12)
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