Auf Antrag der Wettbewerbszentrale hat das Oberlandesgericht Karlsruhe im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit Urteil vom 6. September 2012, Az. 4 U 110/12, der zu den weltweit führenden Herstellern von optischen Gläsern gehörenden Firma Essilor untersagt, den Abnehmern seiner Brillengläser die kostenlose Abgabe eines iPads als Prämie gegen den Nachweis einer Umsatzsteigerung anzubieten oder anzukündigen.
Im Rahmen eines sog. „Partnerprogramms“ hatte Essilor Augenoptikern ein „Gratis Beratungs-iPad“ mit 16 GB im Wert von 428,- € angeboten, dies allerdings unter der besonderen Voraussetzung, dass die Augenoptikunternehmen im ersten Quartal 2012 mit Essilor-Produkten einen um 3.000,- € höheren Umsatz als im Vorjahr tätigen. Auf dem iPad waren verschiedene Apps installiert, die im Zusammenhang zu den Produkten des Brillenglasherstellers und deren Vermarktung stehen. Gesperrt waren hingegen Apple iTunes, der App Store sowie Youtube. Allerdings war über eine stationäre WLAN-Verbindung die Nutzung des Internet ohne weiteres möglich, und das iPad konnte auch uneingeschränkt für den E-Mail-Verkehr genutzt werden.
Die Wettbewerbszentrale sah hierin eine Verletzung des Zuwendungsverbotes nach § 7 Abs. 1 S. 1 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Nach dieser Vorschrift sind Zuwendungen und sonstige Werbegaben im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Medizinprodukten, zu denen optische Gläser gehören, grundsätzlich unzulässig.
Nach erfolgloser Abmahnung führte zunächst auch ein Antrag der Wettbewerbszentrale auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Freiburg nicht zu einem Verbot. Das Landgericht ging in seinem Urteil vom 23.04.2012, Az. 12 O 44/12, vielmehr davon aus, das entsprechend konfigurierte iPad sei eine zulässige Verkaufshilfe zur sachlichen Unterstützung der Verkaufsbemühungen des Optikers und aufgrund einer Wesensverschiedenheit gerade kein Werbegeschenk i. S. des § 7 Abs. 1 HWG.
Auf die von der Wettbewerbszentrale eingelegte Berufung hin bestätigte das Oberlandesgericht nun die Bedenken der Wettbewerbszentrale in vollem Umfang und hob das Urteil des Landgerichts auf. In den Entscheidungsgründen betont der Senat die besondere Gefährdungslage bei Gewährung von Sachleistungen, wie einem an Attraktivität kaum zu überbietenden iPad. Dem wohne, so das Oberlandesgericht, das Risiko inne, dass die angesprochenen Augenoptikbetriebe bereits eine Vorauswahl der anzubietenden Gläser zugunsten der Produkte von Essilor treffen, um in den Genuss des iPad zu kommen. Damit werde eine allein auf sachlichen Gründen beruhende Entscheidung des Verbrauchers verhindert.
Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale ist die größte und einflussreichste Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb. Als branchenübergreifende und unabhängige Institution der deutschen Wirtschaft unterstützt sie den Gesetzgeber als neutraler Ratgeber bei der Gestaltung des Rechtsrahmens für den Wettbewerb, bietet umfassende Informationsdienstleistungen rund um das Wettbewerbsrecht, berät ihre Mitglieder in allen rechtlichen Fragen des Wettbewerbs und setzt als Hüter des Wettbewerbs die Spielregeln im Markt – notfalls per Gericht – durch. Getragen wird die gemeinnützige Organisation von mehr als 1.200 Unternehmen und über 800 Kammern und Verbänden der Wirtschaft.
Weitere Informationen:
Zentrale zur Bekämpfung
unlauteren Wettbewerbs e.V.
Ass. Peter Brammen
Ferdinandstraße 6
20095 Hamburg
Telefon: 040 – 3020010
Telefax: 040 – 30200120
E-Mail: brammen@wettbewerbszentrale.de
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Werbekennzeichnung beim Influencer Marketing – Wettbewerbszentrale veröffentlicht Leitfaden
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Werbung für „unsichtbare“ Hörgeräte
-
LG Bochum: Werbung mit „Ende der Reparaturpauschale“ und Supermarkt-Gutschein für Hörgeräte unzulässig
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Cashback-Aktionen für förderfähige Wärmepumpen – Gefahr des Erhalts überhöhter Fördermittel
-
Keine Werbung für Schönheitsoperationen mit Vorher-Nachher-Fotos für rein ästhetische Hautunterspritzungen – BGH bestätigt Rechtsauffassung des OLG Köln