Home News Bundesgerichtshof konkretisiert den rechtlichen Handlungsrahmen für Augenärzte bei der Abgabe von Sehhilfen

Bundesgerichtshof konkretisiert den rechtlichen Handlungsrahmen für Augenärzte bei der Abgabe von Sehhilfen

Mit Urteil vom 9. Juli 2009, Az. I ZR 13/07, hat der Bundesgerichtshof auf die Revision der Wettbewerbszentrale das Urteil des Oberlandesgerichtes Celle vom 21. Dezember 2006 teilweise aufgehoben und zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Anlässlich von Arztbesuchen in einer Augenarztpraxis war festgestellt worden, dass der später beklagte Augenarzt mit einem Augenoptikunternehmen kooperierte.

Mit Urteil vom 9. Juli 2009, Az. I ZR 13/07, hat der Bundesgerichtshof auf die Revision der Wettbewerbszentrale das Urteil des Oberlandesgerichtes Celle vom 21. Dezember 2006 teilweise aufgehoben und zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Anlässlich von Arztbesuchen in einer Augenarztpraxis war festgestellt worden, dass der später beklagte Augenarzt mit einem Augenoptikunternehmen kooperierte. In insgesamt 11 nachgewiesenen Fällen ließ er die gemessenen Daten von Patienten an ein Augenoptikunternehmen übermitteln, welches die Brille sodann nach den Vorgaben handwerklich fertigte. Da dieses Augenoptikunternehmen seinen Sitz mehrere hundert Kilometer vom Ort der Praxis entfernt unterhielt, wurden den Patienten die Sehhilfen unmittelbar zugeschickt oder aber an den beklagten Arzt weitergeleitet, bei dem sich die Patienten die Brille dann abholen konnten und wo ggf. noch durch das Praxispersonal eine anatomische Anpassung stattfinden konnte.

Die Wettbewerbszentrale hatte dieses Verhalten als unlautere Geschäftspraxis beanstandet, da es nicht mit den im Standesrecht verankerten Marktverhaltensregeln für Ärztinnen und Ärzte in Einklang zu bringen war. So regelt § 34 Abs. 5 der Musterberufsordnung für Ärztinnen und Ärzte, dass es Angehörigen dieses Berufsstandes grundsätzlich untersagt ist, Patienten ohne hinreichenden Grund an Leistungserbringer zu verweisen. Ärzte und Ärztinnen dürfen darüber hinaus nach § 3 Abs. 2 der MBO-Ä grundsätzlich auch außerhalb der medizinisch-therapeutischen Notwendigkeiten keine Gegenstände an Patienten abgeben oder sich an deren Abgabe beteiligen.

Nachdem sich die Wettbewerbszentrale mit ihrer Klage in erster Instanz beim Landgericht Hannover noch in vollem Umfang hatte durchsetzen können und ein entsprechend weit gefasstes Verbot der Geschäftspraktiken des Augenarztes erreichen konnte (LG Hannover, Urteil vom 16.05.2006, Az. 26 O 130/05), hatte in der Berufungsinstanz das OLG Celle dieses Urteil mit seiner Berufungsentscheidung vom 21.12.2006 zum Az. 13 O 118/06 aufgehoben und sich dabei insbesondere von der Überlegung leiten lassen, die Frage, ob im konkreten Fall die Verweisung an das Augenoptikunternehmen durch einen hinreichenden Grund gedeckt sei bzw. als notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie hinzunehmen sei, liege letztlich im Rahmen der ärztlichen Kompetenz zur umfassenden medizinischen Versorgung des Patienten.

Mit seinem Urteil vom 09.07.2009 hat sich der Bundesgerichtshof auf die Revision der Wettbewerbszentrale hin mit den bisher bekannten tragenden Erwägungen des Berufungsurteils bereits kritisch auseinandergesetzt und festgestellt, dass diese nicht ausreichen, eine Verletzung des Zuweisungsverbotes (§ 34 Abs. 5 der MBO-Ä) wie auch des Verbotes der Abgabe von Hilfsmitteln bzw. der Beteiligung hieran (§ 3 Abs. 2 der MBO-Ä) zu rechtfertigen. Insoweit erfolgten bereits Klarstellungen, die auch für die zukünftige Beurteilung von Kooperationen zwischen Ärzten und anderen Leistungserbringern wertvolle Klarstellungen beinhalten. So soll allein der Wunsch des Patienten, sämtliche Leistungen aus einer Hand zu erhalten, nicht ausreichen, um eine Verweisung an einen bestimmten Optiker sowie eine Abgabe und Anpassung der Brille durch den Augenarzt zu rechtfertigen. Klargestellt wurde weiterhin, dass Abgabe und Anpassung von Sehhilfen typische Leistungen des Augenoptikerhandwerks und damit eine gewerbliche Dienstleistung darstellen, deren Ausführung durch den Arzt nur dann zulässig sind, wenn keine anderen als ausschließlich medizinische Gründe deren Erbringung rechtfertigen. Der Bundesgerichtshof macht hiermit deutlich, dass merkantile Gesichtspunkte vom Heilauftrag des Arztes zu trennen seien und die entsprechenden Regelungen der Berufsordnung daher in einer Weise auszulegen seien, die das Verbot nicht leerlaufen lasse.

Mit diesen Maßgaben wird sich das Oberlandesgericht Celle nunmehr näher mit den von der Wettbewerbszentrale nachgewiesenen Fällen von Patientenzuweisungen an das Augenoptikunternehmen erneut beschäftigen müssen und insbesondere eben darauf zu untersuchen haben, ob hierfür tatsächlich ausschließlich medizinische Gründe maßgeblich waren.

Die Wettbewerbszentrale begrüßt diese Klarstellungen, denn, so das Geschäftsführungsmitglied Peter Brammen: „Die Entscheidungsgründe schärfen den Blick dafür, dass es der Ärzteschaft mit der von ihr selbst verabschiedeten Berufsordnung darum ging, Ärztinnen und Ärzte berufsrechtlich auf die vornehmliche Erfüllung ihres Heilauftrages losgelöst von sonstigen kommerziellen Erwägungen zu verpflichten. Dass die Missachtung dieses Prinzips grundsätzlich geeignet ist, in unlauterer Weise den Wettbewerb im Gesundheitsmarkt zu beeinflussen, macht das vorliegende Verfahren der Wettbewerbszentrale mehr als deutlich.“

Weitere Informationen:
Herr Assessor Peter Brammen
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.
Büro Hamburg
Alter Fischmarkt 11
20457 Hamburg
E-Mail:brammen@wettbewerbszentrale.de

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