Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hat im vergangenen Jahr rund 1.700 Anfragen und Beschwerden aus dem Gesundheitsbereich bearbeitet. 329 betrafen Apotheken, 302 Ärzte und Kliniken, 94 Krankenkassen. Diese Zahlen teilt der Wirtschaftsverband in seinem Pressegespräch mit. Die Eingaben im Apothekenbereich haben gegenüber dem Vorjahr um ca. 45% zugenommen. Allerdings führte nur etwas mehr als die Hälfte zu Abmahnungen, die restlichen Beschwerden waren unbegründet oder es handelte sich lediglich um Anfragen. Die Wettbewerbszentrale führt den erhöhten Beratungsbedarf auf die Gesundheitsreform zurück, die insbesondere für die Apothekenbranche zahlreiche Änderungen mit sich brachte.
Die Preisbindung für nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel wurde aufgehoben. Für diese Produkte kann nun mit Sonderaktionen geworben werden. Wie weit Apotheker mit der Preiswerbung gehen können, zeigt ein vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedener Fall. Ein Apotheker hatte in einer Zeitungsanzeige Coupons abgebildet, bei deren Vorlage dem Kunden 10% Rabatt beim Kauf eines nichtverschreibungspflichtigen Arzneimittels seiner Wahl versprochen wurde. Das Oberlandesgericht hielt die Werbung für zulässig.
Seit der Gesundheitsreform ist erstmals, wenn auch nur unter strengen Voraussetzungen, der Versand von Medikamenten durch Apotheken erlaubt. Aufgrund der detaillierten gesetzlichen Vorgaben gab es hier kaum Verstöße gegen die Spielregeln. Allerdings musste die Wettbewerbszentrale mehrfach gegen „Trittbrettfahrer“ vorgehen, die sich die neuen Freiheiten für eigene Zwecke zu Nutze machen wollten. So bewarb ein Unternehmer apothekenpflichtige Arzneimittel und deren Versand, ohne selbst Apotheker zu sein. Ein Testkauf widerlegte seine Behauptung, es handle sich nur um die Kuriertätigkeit für eine tschechische Apotheke. Entgegen der vollmundigen Ankündigung in der Werbung enthielten die Medikamente auch keinen deutschen Beipackzettel. Die Warensendung bestand aus Arzneimitteln mit tschechischen Beipackzetteln sowie einer deutschen Übersetzung, für deren Richtigkeit der Unternehmer aber jede Garantie ausschloss.
Auch die Einführung der Praxisgebühr machte erfinderisch. In ca. 40 Fällen musste die Wettbewerbszentrale vorgehen, weil die Praxisgebühr als Marketinginstrument eingesetzt wurde. So warben nicht nur Apotheken, sondern auch Krankenkassen, Möbelhäuser, Kfz-Werkstätten und Reisebüros mit der Erstattung der Praxisgebühr. In 5 Fällen hat die Wettbewerbszentrale gerichtliche Entscheidungen herbeigeführt, eine endgültige und abschließende Klärung steht aber noch aus.
Rund 140 Mal ist die Wettbewerbszentrale bei Werbung für Lebensmittel eingeschaltet worden. In den meisten Fällen gaben irreführende Angaben zur Zusammensetzung oder Herkunft der Produkte Anlass zu Abmahnungen. So warb ein Fruchtsafthersteller auf seiner Kartonverpackung mit der Angabe „Blutorange“ und der weiteren Angabe „Erfrischungsgetränk, Fruchtsaftgehalt: 25%“. Erst beim Lesen der auf der Rückseite klein gedruckt angegebenen Inhaltsstoffe erfuhr der Kunde, dass der Saft nicht etwa, wie die Verpackungsgestaltung suggerierte, 25% an Blutorangensaft enthielt, sondern lediglich 0,5% Blutorangensaft aus Konzentrat.
Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Frau Rechtsanwältin Christiane Köber
E-Mail: koeber@wettbewerbszentrale.de
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