Home News Neue Basis für Schutz vor unlauterer Werbung: Reformen in Brüssel und Berlin nehmen Gestalt an – Wettbewerbszentrale legt Tätigkeitsbericht 2002 vor –

Neue Basis für Schutz vor unlauterer Werbung: Reformen in Brüssel und Berlin nehmen Gestalt an – Wettbewerbszentrale legt Tätigkeitsbericht 2002 vor –

(Bad Homburg) Die Wettbewerbszentrale hat im vergangenen Jahr 21.447 Beschwerden und Anfragen zu unlauterem Wettbewerb bearbeitet. Das ist eine Steigerung gegenüber dem Jahr 2001 um fast 8 %. „Wer gemeint hat, angesichts der Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung und der Diskussion um eine weitere Liberalisierung des Wettbewerbsrechts werde die Arbeit abnehmen, sieht sich getäuscht“, sagte Dr. Reiner Münker, Hauptgeschäftsführer der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs am Dienstag in Bad Homburg. „Wir haben immer darauf hingewiesen, dass gerade in Zeiten konjunktureller Anspannung mit besonders harten Bandagen gekämpft wird.

(Bad Homburg) Die Wettbewerbszentrale hat im vergangenen Jahr 21.447 Beschwerden und Anfragen zu unlauterem Wettbewerb bearbeitet. Das ist eine Steigerung gegenüber dem Jahr 2001 um fast 8 %. „Wer gemeint hat, angesichts der Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung und der Diskussion um eine weitere Liberalisierung des Wettbewerbsrechts werde die Arbeit abnehmen, sieht sich getäuscht“, sagte Dr. Reiner Münker, Hauptgeschäftsführer der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs am Dienstag in Bad Homburg. „Wir haben immer darauf hingewiesen, dass gerade in Zeiten konjunktureller Anspannung mit besonders harten Bandagen gekämpft wird. Wenn dazu noch infolge öffentlicher Diskussionen die geltende Rechtslage in Bewegung gerät, ist eine tiefgreifende Rechtsunsicherheit vorprogrammiert. Dann bekommen wir besonders viele Beschwerden über Regelverstöße“, so Münker anlässlich der Vorstellung des Tätigkeitsberichtes 2002.

Angestiegen sind besonders die Beschwerden wegen Verstoßes gegen § 1 UWG, der allgemein unlautere Werbemethoden verbietet. Mit knapp 8.400 Fällen ist in diesem größten Arbeitsbereich der Wettbewerbszentrale eine Steigerung um über 13,5 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Die Nichteinhaltung bestimmter Ordnungsvorschriften wie etwa der Preisangabenverordnung und des Heilmittelwerbegesetzes machen mit 12,6 % den größten Teil der Verstöße in diesem Bereich aus.

Obwohl nach der öffentlichen Diskussion um den Fall C&A das nach wie vor gültige Sonderveranstaltungsrecht im Einzelhandel in der gerichtlichen Praxis deutlich aufgeweicht worden ist, erreichten die Wettbewerbszentrale im vergangenen Jahr noch etwa 7.000 Anfragen und Beschwerden zu Rabatt- und anderen Sonderaktionen des Handels.

Besonderer Schwerpunkt der Arbeit der Wettbewerbszentrale sind seit jeher Verstöße gegen das Irreführungsverbot. Insbesondere Preismogeleien, Täuschungen über Produkteigenschaften und –qualitäten sind hier an der Tagesordnung. Weit über 3.000 Fälle wurden in diesem Bereich bearbeitet. Dabei ziehen sich die Beschwerden durch sämtliche Branchen wie dem Einzelhandel, der Tourismusbranche, der Telekommunikationsbranche aber auch dem Gesundheitsbereich (Krankenkassen, Ärzte, Apotheker, Pharmaunternehmen) sowie Dienstleistern wie Banken und Versicherungen.

Mit Blick auf die künftige Wettbewerbs- und Rechtsentwicklung verwies Münker auf den von der Bundesregierung vor einer Woche verabschiedeten Entwurf eines neuen UWG sowie auf die geplante EU-Verordnung zu Verkaufsförderungsmaßnahmen (Rabatte, Zugaben, Gewinnspiele) und die geplante EU-Rahmenrichtlinie zur Lauterkeit im Geschäftsverkehr.

Während über Ausgestaltung und Formulierung der europäischen Gesetzeswerke nach wie vor Streit bestehe, habe sich die Bundesregierung in der vergangenen Woche nach längerer Diskussion der beteiligten Ministerien auf ein neues UWG verständigt.

Wichtigste Änderung des geplanten UWG sei die Abschaffung der Sonderaktionsverbote und Räumungsverkaufsvorschriften für den Einzelhandel. Auch Schluss- und Jubiläumsverkäufe sollen nicht mehr reguliert werden. Damit können im Grunde unbegrenzte Rabatt- und Preisaktionen zu jeder Zeit durchgeführt werden. Einzige Grenze: Die Verbraucher dürfen über die Rabatte und Preise nicht irregeführt werden. Ob sich im Bundestag eine Mehrheit für Regelungen zum Schlussverkauf – wie von Teilen des Einzelhandels gefordert – finden wird, bleibe abzuwarten.

Sowohl in Brüssel als auch in Berlin seien strikte Vorschriften in punkto „belästigender Werbung“ per Telefon, Telefax und E-Mail zum Schutze der Verbraucher und Gewerbetreibenden geplant. Kern des künftigen europäischen und nationalen Lauterkeitsrechts seien überdies strikte Vorgaben für Preistransparenz und Irreführungsschutz.

Während die Vorarbeiten der Brüsseler Kommission wie auch andere EU-Staaten keinerlei Gewinnabschöpfungsansprüche beabsichtigten, sei dies erstmals im deutschen UWG für vorsätzliche unlautere Praktiken vorgesehen, durch die Gewinne auf Kosten einer Vielzahl von Abnehmern erzielt werden. Gemeint sind etwa 0190-Betrügereien oder auch die massenhafte Versendung von Scheinrechnungen an Gewerbetreibende und Verbraucher. „Für uns war in diesem Zusammenhang wichtig, dass die Wirtschaft mit einem solchen Anspruch nicht allgemein und übermäßig belastet wird. Wir haben uns daher für eine strikte Begrenzung auf vorsätzliche Verstöße ausgesprochen, um die richtigen Abzocker zu treffen und nicht den Gewerbetreibenden, der oft aus Unkenntnis mit den Wettbewerbsregeln kollidiert. Zudem hatten wir vorgeschlagen, die eingezogenen Gewinne ebenso an den Staat auszukehren wie übliche Ordnungsgelder, um jeden Anreiz für missbräuchliche Klagen zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund halten wir den Kabinettsentwurf für angemessen. Inwieweit hiermit unlauteren Geschäftemachern und Abzockern das Handwerk gelegt werden kann, wird die Anwendung der Vorschrift durch die Gerichte zeigen. Die Wettbewerbszentrale wird entsprechende Musterverfahren durchführen“, kündigte Münker an.

Insgesamt begrüßte Münker den Kabinettsbeschluss zum UWG. „Das zivilrechtliche Rechtsdurchsetzungssystem ist ausdrücklich festgeschrieben worden. In Deutschland bedarf es auch künftig keiner Behörde zur Überwachung des lauteren Geschäftsverkehrs“, betonte er. Es bleibt ebenso bei einer Generalklausel, die unlautere Wettbewerbshandlungen generell verbietet. „Eine flexible Generalklausel gegen unlauteren Wettbewerb wird mittlerweile von der überwiegenden Zahl der EU-Mitgliedstaaten und selbst von der Europäischen Kommission in Brüssel favorisiert“, sagte Münker.

Die allermeisten der geplanten Handlungsanweisungen für ein lauteres Geschäftsgebaren seien aber nicht völlig neu. „Im Kern werden offensichtlich die bereits durch die Rechtsprechung entwickelten Verbote und Pflichten des Kaufmanns in Gesetzesform gegossen“, erläuterte Münker, „so etwa die Vorgabe, künftig beworbene Ware regelmäßig mindestens zwei Tage lang vorrätig zu halten.“ Dennoch werde es aufgrund zahlreicher Neuformulierungen bei Inkrafttreten der geplanten Vorschriften notgedrungen zu erneuter Rechtsunsicherheit kommen. Die Wettbewerbszentrale werde durch Praxisseminare, Ratgeberbroschüren und Musterprozesse zügige Hilfestellung für die Werbetreibenden leisten. Eine neu gestaltete Internetseite der Wettbewerbszentrale soll Kaufleuten und Unternehmen als Mitglieder oder Nichtmitglieder, aber auch dem juristischen Praktiker aktuellste Informationen zu den rechtlichen Anforderungen an Marketing und Vertrieb bieten.

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