Dürfen Unternehmen Protein-Angaben aus der Nährwerttabelle herausgreifen und diese isoliert von der Tabelle auf Lebensmitteln angeben? Diese Frage will die Wettbewerbszentrale höchstrichterlich klären lassen. In einem ihrer Grundsatzverfahren hat nun der Bundesgerichtshof zu entscheiden (BGH, Az. I ZR 2/25), nachdem die vom OLG München zugelassene Revision eingelegt wurde.
Im konkreten Fall fand sich auf dem Deckel des als „HIGH PROTEIN“ bezeichneten Milchreises die isolierte Angabe „14G PROTEIN*“. Eine Aufklärung des Sternchens erfolgte an keiner Stelle. Auf der Verpackungsseite wurde zusätzlich „14g PROTEIN pro Becher“ angegeben.
Die Wettbewerbszentrale sieht in der isolierten Proteinangabe außerhalb der vorgeschriebenen Nährwerttabelle einen Wettbewerbsverstoß. Nach Art. 30 Abs. 3 LMIV können die folgenden Angaben wiederholt werden, wenn eine verpflichtende Nährwertdeklaration vorliegt:
„a) der Brennwert oder
b) der Brennwert zusammen mit den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz.“.
Eine Wiederholung des Proteingehaltes ist nach Auffassung der Wettbewerbszentrale nach dieser klaren Regelung gerade ausgeschlossen. Ein „Rosinenpicken“ besonders vorteilhafter Nährwertangaben soll nicht erfolgen. Der Verbraucher soll neutral über alle vorgeschriebenen Nährwertangaben zusammen aufgeklärt werden.
Das OLG München hatte die separate Protein-Angabe ebenfalls für unzulässig gehalten und das werbende Unternehmen entsprechend zur Unterlassung verurteilt (OLG München, Urteil v. 19.12.2024, Az. 6 U 3363/23, nicht rechtskräftig). Die Angabe des Proteingehalts eines Lebensmittels dürfe nur innerhalb der verpflichtenden Nährwertdeklaration erfolgen. Die insoweit notwendigen Angaben müssten im selben Sichtfeld sowie „als Ganzes“ in einem übersichtlichen Format und gegebenenfalls in einer vorgegebenen Reihenfolge erscheinen.
Weitere Verfahren der Wettbewerbszentrale
Auch das OLG Stuttgart (Urteil v. 30.01.2025, Az. 2 U 145/23, nicht rechtskräftig) und das OLG Hamburg (Beschluss v. 02.08.2024, Az. 3 U 82/23, nicht rechtskräftig) hatten jeweils einen Wettbewerbsverstoß in ähnlich gelagerten Fällen gesehen und die jeweilige Geschäftspraxis untersagt.
Das OLG Stuttgart betonte, dass die außerhalb der Nährwertkennzeichnung wiederholte Angabe der Proteinmenge, die sich auf den gesamten Inhalt des angepriesenen Produktes bezieht, nicht von Art. 30 Abs. 3 LMIV gedeckt sei. Die Vorschrift werde bei nährwertbezogenen Angaben i. S. d. HCVO auch nicht durch diese verdrängt. Dies sieht auch das OLG Hamburg so und verweist insoweit auf Erwägungsgrund 3 Satz 3 HCVO.
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Lebensmittel >>
F 08 0171/22, F 8 172/22, F 08 161/22
ug/as
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