Home News EuGH entscheidet im Verfahren der Wettbewerbszentrale: Keine Werbung für Desinfektionsmittel mit „hautfreundlich“

EuGH entscheidet im Verfahren der Wettbewerbszentrale: Keine Werbung für Desinfektionsmittel mit „hautfreundlich“

In einem von der Wettbewerbszentrale geführten Grundsatzverfahren gegen eine Drogeriemarkt-Kette hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) heute entschieden, dass Unternehmen für Desinfektionsmittel nicht mit der Angabe „hautfreundlich“ werben dürfen (EuGH, Urteil vom 20.06.2024, Rs. C-296/23). Vorangegangen war ein Verfahren bis zum BGH. Dieser hatte die Frage, ob Desinfektionsmittel mit Angaben wie „hautfreundlich“ beworben werden dürfen, dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt (BGH, Vorlagebeschluss vom 20.04.2023, Az. I ZR 108/22). 

Werbebeschränkungen für Desinfektionsmittel

Zum rechtlichen Hintergrund: Bei Desinfektionsmitteln handelt es sich meist um Biozide. Die Werbung für diese Produktgruppe ist in der Biozidverordnung geregelt (Art. 69 und 72 BiozidV). Bestimmte Aussagen sind sowohl für die Etiketten als auch für die sonstige Werbung unzulässig, so z. B. „Biozidprodukt mit niedrigem Risikopotential“ oder „umweltfreundlich“. Darüber hinaus sind aber auch außerhalb dieser Schwarzen Liste verwendete „ähnliche“ Hinweise unzulässig. Damit trägt der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung, dass es sich bei Bioziden um Produkte handelt, die Schädlinge abtöten, damit aber auch negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben können. Die Produkte sollen daher in der Werbung nicht verharmlost werden. Umstritten war allerdings, wann ein solch „ähnlicher“ und damit unzulässiger Hinweis vorliegt.

OLG Karlsruhe: Bezug zur Hautfreundlichkeit ist keine pauschal verharmlosende Aussage

Das OLG Karlsruhe hatte entschieden, dass der Begriff „hautfreundlich“ kein „ähnlicher“ und damit unzulässiger Begriff im Sinne des Art. 72 Abs. 3 Satz 2 BiozidV sei. Die Wettbewerbszentrale hatte geltend gemacht, die Aussagen seien gleichbedeutend mit den nach Art. 72 Abs. 3 genannten, per se verbotenen Aussagen wie „ungiftig“ oder „unschädlich“. Jedenfalls werde das niedrige Risikopotential herausgestellt. Während das Landgericht der Klage noch stattgegeben hatte, vertrat das Oberlandesgericht eine andere Auffassung: Die Aussagen seien den per se verbotenen nicht ähnlich; sie relativierten das Risikopotential des Produktes oder seiner Wirkungen und deren Schädigungseignung nicht pauschal. Vielmehr beschrieben die Aussagen – wenn auch insoweit sehr allgemein – die Produktwirkung auf ein spezifisches Organ, nämlich die Haut des Menschen. Die Angabe „Bio“ oder die Bezeichnung als „ökologisches Universal-Breitband-Desinfektionsmittel“ hielt das Gericht aber mit Blick auf die Ähnlichkeit mit den generell verbotenen Aussagen wie “umweltfreundlich“ oder „natürlich“ für unzulässig und damit auch wettbewerbswidrig. (OLG Karlsruhe, Urteil vom 08.06.2022, Az. 6 U 95/21; LG Karlsruhe, Urteil vom 25.03.2021, Az. 14 O 61/20). Gegen diese Entscheidung hatte die Wettbewerbszentrale Revision eingelegt.

Was sind ähnliche Hinweise?

Die in der BiozidV explizit genannten Aussagen verharmlosen in pauschaler Weise die Risiken von Bioziden auf Mensch, Tier oder Umwelt. Der BGH wollte vom EuGH wissen, ob auch Begriffe unter das Verbot fallen, die zwar verharmlosend sind, sich aber auf ein spezifisches Organ – hier die Haut – beziehen. Das hat der EuGH nun bejaht. Er stellt laut Pressemitteilung fest, dass die Verordnung keinen Hinweis darauf enthält, dass das Verbot der Verwendung von Biozidprodukten in der Werbung nur auf allgemeine Angaben beschränkt sei. Auch ein spezifischer Hinweis, der Risiken verharmlose, könne in Bezug auf das Vorliegen dieser Risiken irreführend sein

„Damit haben wir unser Ziel – mehr Rechtssicherheit für Unternehmen bei der Werbung – erreicht“, so Christiane Köber von der Wettbewerbszentrale.

Weiterführende Informationen

Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs Nr. 103/24 vom 20.06.2024 >>

Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Gesundheit >>

F 04 0289/20

ck

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