Home Handel & Konsumgüter Einzelhandel LG Kiel: „Gesamtpreis inkl. PlusGarantie*“ ist wettbewerbswidrig

LG Kiel: „Gesamtpreis inkl. PlusGarantie*“ ist wettbewerbswidrig

Nach Ansicht des Landgericht Kiel (LG Kiel, Urteil vom 25.01.2024, Az. 6 O 86/23 – rechtskräftig; kein Verfahren der Wettbewerbszentrale) ist ein Preisschild eines Elektronikmarktes für einen DVD-Player, auf welchem groß hervorgehoben und fett gedruckt in orangener Schrift ein Preis von 69,98 Euro angegeben wird und deutlich kleiner darunter steht „Gesamtpreis inkl. PlusGarantie*“, intransparent. Ein Verbraucherverband hatte gegen einen Elektronikmarkt auf Unterlassung dieser Preisdarstellung geklagt. 

Nur in deutlich kleinerer Schrift befand sich links und etwas unterhalb des Gesamtpreises ein Hinweis auf den tatsächlichen Preis für das Elektrogerät. Unter der Überschrift „Rechenbeispiel“ war angegeben, dass der eigentliche Preis für den DVD-Player 52,99 Euro betrug und 16,99 Euro des beworbenen Gesamtpreises auf eine „PlusGarantie*“, eine freiwillige Produktversicherung, fielen. Es sei, so das Gericht, für den Verbraucher nicht deutlich genug erkennbar, dass der angegebene Gesamtpreis den Abschluss einer kostenpflichtigen und nicht obligatorischen Versicherung enthält. 

„Koppelungsangebote“ grundsätzlich zulässig

Bei dem Kombinationsangebot eines DVD-Players mit einer Versicherung handelt es sich um ein so genanntes grundsätzlich zulässiges Kopplungsangebot. Der Absatz einer (Haupt-)Ware soll dadurch gefördert werden, dass eine preisgünstig erscheinende Nebenware in Kombination angeboten wird. Dabei ist es grundsätzlich zulässig, den Gesamtpreis visuell hervorzuheben, solange die blickfangmäßige Gesamtpreisangabe mit einem eindeutigen Sternchenhinweis versehen wird und in unmittelbarer sichtbarer Nähe die Erläuterung des Gesamtpreises erfolgt. 

Koppelungsangebote erschweren nach der Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 13. 6. 2002, Az. I ZR 173/01; kein Verfahren der Wettbewerbszentrale) die Vergleichbarkeit von Preisen und bergen ein gewisses Risiko der Irreführung und Preisverschleierung. Daher sei aufgrund des Transparenzgebots bei Koppelungsangeboten eine hinreichende Aufklärung und Erkennbarkeit für den Verbraucher sicherzustellen. Preisklarheit und Preiswahrheit sind zwei Grundsätze, die nach der Preisangabenverordnung bei Preisangaben gegenüber Verbrauchern zu berücksichtigen sind. Preisklarheit bedeutet, dass die Angabe des Preises derart klar sein muss, dass der Adressat den Preis ohne Weiteres erkennen und verstehen kann. Preiswahrheit bedeutet, dass der angegebene Preis inhaltlich richtig ist, also tatsächlich verlangt wird und zu bezahlen ist. 

Verstoß gegen Preistransparenz

Nach Ansicht des Gerichts fehle es bei dem streitgegenständlichen Preisschild des Elektromarktes an der nötigen Preistransparenz. Es liege daher ein Verstoß gegen den Grundsatz der Preisklarheit und mithin ein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 S. 2 Preisangabenverordnung vor.

Das Gericht argumentiert weiter, dass der höhere Gesamtpreis den Verbraucher zu der Annahme verleiten könne, es handle sich aufgrund des höheren Preises um ein im Verhältnis qualitativ hochwertigeres Gerät. Bei Kenntnisnahme des tatsächlichen Preises könne der Verbraucher sich gegen das Produkt entscheiden, da er mit dem niedrigeren Preis eine entsprechend geringere Qualität verknüpfe. Aus diesem Grund sei die Irreführung durch die intransparente Preisangabe auch geeignet den Verbraucher zu einer Kaufentscheidung zu veranlassen, die er ohne die Fehlvorstellung über den Preis nicht getroffen hätte. 

Aufklärung an der Kasse zu spät

Auch eine Aufklärung über den tatsächlichen Preis an der Kasse ändere an dem Ergebnis nichts. Es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Verbraucher sich an der Kasse nicht mehr gegen das Produkt entscheide, auch wenn er von dem geringeren Gerätepreis erfährt. Die Entscheidung zum Kauf sei an der Kasse in der Regel bereits gefallen. Es sei vielmehr wahrscheinlicher, dass sich Verbraucher an der Kasse für die freiwillige Garantie entscheiden, denn zu diesem Zeitpunkt habe sich der Verbraucher nicht nur bereits für das Elektrogerät entschieden, sondern auch den höheren Gesamtpreis gedanklich akzeptiert. 

Insbesondere bei Koppelungsangeboten sollte mithin stets geprüft werden, ob Verbraucher ausreichend deutlich und unmissverständlich über die Zusammensetzung eines ausgelobten Gesamtpreises aufgeklärt werden. 

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mfm

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